Jesus grüßt die Opfer des Islamischen Staates

20150301_125021Orientalische Glaubenswelten und ihre Bilder: Mit dieser offiziellen Ikone hat die koptische Kirche auf die Ermordung der 21 Christen am Strand von Darna in Libyen reagiert. Die Auferstandenen tragen noch die orangenen Overalls, darüber jedoch schon das kaiserliche Purpur. Jesus selbst heißt sie willkommen.

Ich war vor vier Jahren während der Revolution gegen Ghaddafi in Darna (http://www.taz.de/!70625/). Einen Tag zuvor hatten die Amerikaner Osama Bin Laden getötet. Damals klingelte mich morgens um zwei der Rezeptionist aus dem Zimmer meines Vier-Sterne-Hotels. Das Revolutionskommittee der Stadt hatte es mir kostenlos zur Verfügung gestellt und ich war der einzige Gast war: Jemand wolle mich sprechen. 

Unten warteten ein alter Mann, den ich zuvor kennengelernt hatte und sein Freund, ein Taxifahrer. Sie wollten mir die Stadt zeigen. Bis morgens um fünf führten sie mich durch die engen Gassen, zeigten mir die Geheimdienstzentrale, die Altstadt, das alte jüdische und christliche Viertel und wünschten sich, dass Christen und Juden einst zurückkehren würden.

Zum Schluss saßen wir noch mit einer Gruppe völlig kriegsunerfahrener Teenager zusammen, die mit ihren Kalaschnikows eine Straßenkreuzung bewachten und tranken warmen Orangensaft. Es war eine der interessantesten und anrührendsten Nächte, die ich im Orient gehabt habe. Einen Tag zuvor hatten die Amerikaner Osama Bin Laden getötet. 

In der Stadt herrschten Toleranz, Erleichterung über das Ende der Diktatur und Vorfreude auf die Zukunft. Ich erzählte allen, nun habe ich „die Französische Revolution auf Arabisch“ erlebt. Niemand hätte sich vorstellen können, dass eine Verbrecherbande wie der Islamische Staat über Darna herfallen würde… Vielleicht hätten ich einen genaueren Blick auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner werfen sollen.

(PS: Hier ein Interview mit dem Maler der Ikone: „What Martyrdom looks like“)